Die Geschichte des Küstenruderns

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Was wissen wir eigentlich über die Geschichte des Küstenruderns? Erst einmal ist es eine Frage der Definition. Meint man damit Rudern auf dem Meer, an der Küste oder generell auf großen Gewässern? Dann gibt es noch die Frage nach der Art des Boots und des Sitzens, also Rollsitz oder feste Bank? Im heutigen Post möchten wir uns mal die Geschichte des Ruderns auf dem Meer und entlang von Küsten anschauen, die Art des Sitzes spielt dabei keine Rolle.

Aber wo man fängt bei einer solchen Zusammenfassung am Besten an? Wir haben die Geschichte des Ruderns auf dem Meer mal für euch auf das Notwendigste runter gedampft. Den ältesten Nachweis über das Rudern (nicht Paddeln, das ist älter) findet sich in Form eines Modells im Alten Ägypten (1900 v. Chr.). Das Wissen und die Technik von großen, geruderten Schiffen – Galeeren genannt – wird später von den Phöniziern übernommen und weiter entwickelt. Die Phönizier, aus dem heutigen Libanon, kontrollierten den Handel über weite Teile des Mittelmeerraums und viele moderne Städte in Südeuropa gehen auf phönizische Gründungen zurück – Städte wie Nimes, Lissabon, Palermo und Malaga.

Die Griechen adaptierten nicht nur das phönizische Alphabet, sondern auch den phönizischen Schiffsbau. Und die Römer übernahmen diesen von den Griechen. Die großen, geruderten Schiffe wurde anhand der Ruderer pro Bank klassifiziert (Bireme = 2, Trireme = 3, Quadrireme = 4, und so weiter). Durch die Römer gelangte diese Art der Schiffe in den Norden, wo sie von germanischen und keltischen Stämmen übernommen und verändert wurden. Die später berühmt berüchtigten Langschiffe der Wikinger gehen auf diese Tradition zurück. Und rund 500 Jahre vor Columbus ruderte eine Crew von 35 Nordmännern, unter dem Kommando von Leif Eriksson, von Island über den Atlantik und entdeckte Amerika. Neuere Untersuchungen zeigen, dass der erste, gesicherte Nachweis auf Europäer in der Neuen Welt mindestens auf das Jahr 1021 zurückgeht.
Während des Mittelalters geht der Trend in Nordeuropa zu großen Segelschiffen, am berühmtesten Wohl die Koggen und Karavellen. Im Mittelmeerraum hingegen bleiben geruderte Galeeren der dominate Bootstyp bis sie von Dampfschiffen abgelöst werden. Die Tradition von geruderten Booten bleibt, wenn auch im wesentlich kleineren Maßstab, auch in Nordeuropa erhalten, wie beispielweise die Kirchboote aus Finnland zeigen.

Coastal Rowing in der Moderne

Die erste Atlantiküberquerung der Neuzeit fand 1896 statt. Die norwegischstämmigen Amerikaner Frank Samuelson und George Harbo ruderten in 55 Tagen von New York auf die Insel Scilly (England). Hierzu nutzen sie ein speziell angefertigtes Boot aus Eichenholz, dass mit Zedernholz verstärkt wurde. Es hatte außerdem zwei wasserdichte Abteile, zwei Ruderbänke und Griffe an den Außenseiten falls es kentern sollte – ein Feature, dass sich als lebensrettend herausstellen sollte.
Ursprung des Küstenruderns
Frank Samuelson und George Harbo in “FOX”, Credit: Wikipedia

Die Geschichte des Küstenruderns in England

Der Dover Rowing Club hat seine Geschichte besonders gründlich aufgearbeitet. Hier sieht man einen großen Unterschied zwischen den verschiedenen Arten des Ruderns. Die Geschichte des Ruderns auf Flüssen ist gut dokumentiert und geht auf die ältesten bekannten Ruderrennen zurück. Das “Doggett’s Coat and Badge sculling race” wurde 1715 zum ersten Mal auf der Themse durchgeführt und von Thomas Doggett organisiert. Zur Erinnerung, die weitaus bekannteren Rennen wie beispielweise das Oxford-Cambridge-Rennen begann 1829 und die berühmte Henley Royal Regatta begann “erst” 1839.
Küstenrudern hingegen ist weniger gut dokumentiert. Das erste, dokumentierte Rennen fand 1820 statt, allerdings ist anzunehmen, dass Regatten und Rennen viel früher stattfanden. So ist bekannt, dass Matrosen sich mit den Beibooten der großen Segelschiffe immer wieder Rennen lieferten. Als Preisgeld wurde hier vom Kapitän extra Rum ausgegeben.

Was hat Coastal Rowing mit Schmuggeln zu tun?

Insbesondere an der Südküste Englands war Geschwindigkeit beim Rudern für die ansässige Bevölkerung essenziell wichtig. In Orten wie Dover, Deal und Hastings wurde das meiste Geld durch Schmuggel und der “Bergung” von Wracks verdient. Lest hier mehr darüber. 
Bei der Bergung von Treibgut und Wracks galt nicht das Recht des Stärksten, sondern das Recht des Schnellsten. In der Zeit vor einer organisierten Küstenrettung lieferten sich Ruderer regelrecht Rennen zu den havarierten Schiffen, da der Erste vor Ort alle Güter für sich beanspruchen konnte. Ruderer aus Deal und Dover ruderten regelmäßig nach Frankreich um Handelsblockaden zu umgehen. So gibt es Berichte von stolzen Schmugglern, die in einem Boot mit 8 Rudern den Kanal in 5 Stunden und mit dem “Tausendfüssler”, einem Boot mit 20 Rudern in 3 Stunden überqueren konnten. Ein Zollbeamter nannte das Rennen zwischen den Ruderbooten und seinem Zollschiff, also würde eine Kuh einen Hasen jagen.
Aber die Zeiten änderten sich schnell. Das Ende der napeoleonischen Kriege, starke Maßnahmen der Regierung gegen Schmuggeln und das Auftreten von Dampfschiffen (und damit weniger Wracks) bedeuteten auch das Ende dieses lukrativen Einkommens und Lebensunterhalts für Viele an der Küste.

Coastal Regatten

Ab den 1820ern wurden in den Städten an der Südküste Englands Regatten durchgeführt, deren Preisgelder ein Einkommen für die nun mittellosen Ruderer generierten. Es ging dabei natürlich nicht nur um die früheren Schmuggler, sondern um Einnahmen durch Tourismus, da diese Regatten Tausende von Zuschauern anlockten. Örtliche Philanthropen organisierten diese Rennen um ihre oftmals im Verfall befindlichen Küstenorte wieder zum Aufschwung zu verhelfen. Es gab auch Rennen für “Amateure”, oftmals lokale Männer der Mittelklasse, die um kleinere Gewinne, wie beispielweise silberne Tassen und Teeservices, ruderten.
Bis zu den 1870ern hatten sich diese Amateurclubs gewandelt. Der Sport wurde seriöser, es wurden schnellere Boote entwickelt und das ganze Jahr über trainiert. Die Amateurrennen, insbesondere Vierer, Zweier und Skulls, wurden immer Prestigeträchtiger und Vereine begannen ihre Boote und Mannschaften bei Regatten entlang der gesamten Küste anzumelden. Dies führte dazu, dass sich bis zu den 1880ern zwischen der Isle of Wight und Herne Bay 20 verschiedene Regatten etablierten.
Die Regatta South Coast Championship wurde ein wichtiges Event und 1893 wurde entschieden eine professionelle Organistion zu gründen um einheitliche Regeln und Voraussetzungen zu schaffen – die Coast Amateur Rowing Association (CARA).

Ursprung des Küstenruderns
Credit: Coastalrowingaustralia

Modernes Coastal Rowing von FISA

Modernes Coastal Rowing – also Rudern mit Rollsitz im Solo, Zweier und Vierer – geht wahrscheinlich auf eine Idee des französischen Navigators Gerard D’Aboville in den 1980ern zurück. Zusammen mit dem Monegassen Jannot Antognelli und Marseiller Denis Masseglia wurde ein Kommittee gegründet, dass sich mit der Entwicklung von Booten und Regeln befassen sollte und dies seit 1992 unter der Schirmherrschaft der FISA. Gerade amerikanische Ruderer werden hier einwenden, dass das moderne Küstenrudern mit der Entwicklung des Alden Ocean Shells in den 1970ern begann. Dieses galt als stabilstes und sicherstes Rumpfdesign für den Freizeitsport.
Die modernen Boote und damit auch das moderne Küstenrudern als Sportart geht jedoch auf die Yole de Mer zurück. Dieses Boot sollte die hölzernen Yolen ersetzen und tauchte an der Süd- und Atlantikküste Frankreichs als Erstes auf. Es handelte sich  dabei um ein schmales, fast schon übliches Ruderboot, dass jedoch auch Wind und Wellen widerstehen konnte.

Italien
In Italien begann das moderne Küstenrudern 1996 dank der CIPS  – “Association of Imperia and to Sanremo’s Piercarlo Roggero” – die entlang der gesamte Atlantikküste ruderte. Der Ruderer Renato Alberti forderte danach italienische Ruderer dazu auf, an den Coastal Regatten in Südfrankreich teilzunehmen.
Australien

Laut Coastal Rowing Australia, began Coastal Rowing in Australien als Warwick Marler und Creagh Mecham anfingen sich über ihre Erfahrungen mit modernen Coastal Boats in Frankreich im Jahr 2004 auszutauschen. Es geht also auch hier auf die Yole de Mer zurück.
Deutschland
Auch in Deutschland nimmt Coastal Rowing immer mehr Fahrt auf. Trotz Pandemie fanden dieses Jahr mehrere Regatten an Nord- und Ostseeküste statt und deutsche Ruderer waren auch bei der Weltmeisterschaft in Portugal erfolgreich vertreten. Auch beim DRV nimmt man das Thema Coastal Rowing, gerade auch im Hinblick auf die Olympiade 2028, sehr ernst.

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