Heute haben wir für euch mal etwas zur speziellen Technik beim Coastal Rowing vorbereitet und schauen uns das Wasserfassen, den Catch, genauer an. Hierbei weisen wir auch explizit auf die Unterschiede zum Rudern, mit dem ihr vertraut seid, hin. Ihr werdet sehen, warum es irgendwie gleich aber doch auch so unterschiedlich ist.
Das Wasserfassen beim Coastal Rowing – der Coastal Catch
Wenn ihr mit dem Coastal Boat unterwegs seid und die Wellen an die Bootskante klatschen, werdet ihr sehr schnell merken, dass der Endzug und der Übergang (Vorrollen) zum Wasserfassen mit das Wichtigste im Schlagverlauf sind. Die Bewegung beim Wasserfassen auch beim Coastal “Catch” ist der gleiche wie beim Olympischen Boot. Wer zum ersten Mal an der Küste mit einem Coastal Rowing Boat unterwegs ist, denkt wahrscheinlich, dass der Ruderschlag dem eines Olympischen Bootes entspricht. Grundsätzlich ist das auch so. Die Unterschiede liegen allerdings im Detail. Wie genau geht das also nun mit dem Wasserfassen beim Coastal Rowing?
Anm.: Im Englischen unterscheiden wir den Ablauf des Ruderschlags nach Catch / Wasser fassen, Drive / Durchzug, Finish / Endzug und Recovery-Phase / Vorrollen. Mir gefällt insbesondere das Wort “Recovery” wesentlich besser als Vorrollen. Es macht einfach deutlicher um was es hier geht, nämlich um kurzfristige Erholung und Vorbereitung auf das Wasserfassen und dessen exakten Einsatz.
Wasserfassen beim Coastal Rowing: Das Einsetzen als Ende des Ruderschlags
Wie wir festgestellt haben, ist das Wasserfassen das Ende des Ruderschlags. Es ist ein wichtiger mentaler Vorgang, den wir uns als Küstenruderer vor Augen führen müssen. Hinzu kommt, dass das Boot in der Phase das Wasserfassens instabil ist. Große Konzentration ist also angebracht. Was ist also notwendig um einen guten Schlag in der Welle zu performen?
Sicher Wasserfassen beim Küstenrudern:
Generell gilt an der Küste: Schirmt etwas höher ab. Stellt euch darauf ein, dass eure Ruder beim aufgedrehten Zustand auch Wasserkontakt haben können. Ihr kennt das vielleicht vom Flussrudern bei starkem Wind. An der Küste kann das soweit gehen, dass euch selbst kleine Wellen die Ruder aus den Fingern reißen. Stellt euch also darauf ein. In vielen Fällen kommen die Wellen unvorbereitet und packen die Skulls bevor ihr einsetzen wollt. Die Welle kommt und umhüllt eure Blätter. Dies kann passieren, bevor ihr bereit seid einzusetzen. Deshalb: Rollt mit Demut und Sensitivität nach vorne und rechnet mit Widerstand am aufgerichteten Blatt. Trainiert diesen mentalen Zustand. Fast alle Coastal Rowing Profis wie Linares, Wichert oder Miramon haben ein Gespür dafür entwickelt. Trotzdem kommt es immer wieder zu Situationen, in denen dem Ruderer das Ruder aus der Hand gerissen wird.
Setzt erst an, wenn ihr euch sicher seid:
Setzt erst an, wenn ihr euch sicher seid, dass sich die Blätter im Wasser befinden! Rechnet mit dem Schlimmsten: Geht nicht davon aus, dass das Wasserfassen dann stattfindet wenn ihr die “richtige Position” erreicht habt. Bei Wellengang haben eure Blätter manchmal eine zu hohe Position (Im Wellenkamm) oder eine zu niedrige Position (Im Wellental). Fragt euch also bei jedem Schlag – wo ist eigentlich mein Wasser, wo ist die Welle.
Vorzeitigen “Setzen”
Was macht ihr wenn das Wasser oder die Welle die Blätter schon vor dem “Einsatzzeitpunkt” erfasst? Ihr lasst es geschehen. Ihr setzt sofort nach Wasserkontakt und fangt an Kraft aufzunehmen. Sobald ihr die Blätter im Wasser habt, tretet durch. Egal ob das Wasser euch gefunden hat oder ihr das Wasser. Es ist eigentlich sehr einfach – ich trete ins Stemmbrett sobald ich aufgedreht habe. Das Geheimniss liegt darin, die Sensibilität zu trainieren und das Timing herauszuspüren. Wo gerade ist die Welle? Bestimmt die Welle den Zeitpunkt meines Wasserfassens oder bin ich es selbst.
Luftschläge
Hin und wieder kommt es vor, dass ihr auf dem Wellenkamm seid und mit einem oder beiden Skulls Luftschläge ausführt. Die Verschiedenartigkeit der Wellen führt oft dazu dass wir aus unseren Routinen herausgerissen werden.
Wir müssen darauf gefasst sein, dass zum Beispiel bei lateralen Wellen, also Wellen von der Seite, nicht immer gleichzeitig gesetzt werden kann. Unterschiedliche Wasserhöhe auf Backbord und Steuerbord kann dazu führen, dass wir mit einem Blatt im Wasser fast steckenbleiben und mit dem anderen durch die Luft schlagen.
Gipfel der Tränen und Angst
Der Einsatz beim Coastal Rowing muss ins Blut gehen. Unsere natürlichen Reaktionen auf solche Situationen machen es oft nicht einfacher, sondern führen uns in gefährliche Situationen. Ein Skull ist in der Welle blockiert, der andere hängt in der Luft. Automatisch werdet ihr versuchen entweder das Gewicht zu verlagern oder ihr versucht mit einem Skull zu rudern. In beiden Fällen werdet ihr das Gleichgewicht verlieren. Wenn ihr jetzt noch nicht ins Wasser gefallen seid, bekommt ihr es spätestens jetzt mit der Angst zu tun.
Ich kenne eigentlich erfahrene “Fluss”-Ruderer, die an der Küste vor Monaco vor Angst aufgegeben haben weil sie mit dieser Situation nicht zurecht kamen. Wartet also einen Moment bis euer Boot wieder stabil ist oder lasst das Boot einfach gleiten. Ein erfahrener Küstenruderer erzählte mir mal, dass er in seiner Anfangszeit bei solchen Situationen einfach aufrecht mit ausgestreckten Beinen im Boot gesessen hat und den Ruderschlag im Sitzen durchgeführt hat.
Fazit: Lasst euch von der Maxime leiten: Kein Schlag ohne Gewissheit.
- Ihr müsst beim Küstenrudern jederzeit Gewissheit haben, dass eure Blätter das Wasser erreichen. Erst dann dürft ihr mit dem Durchzug beginnen. Was ihr auf dem Fluss gelernt habt, zählt nicht. Auf den Wellen ist jeder Schlag anders.
- Jeder Schlag ist einzigartig und unterschiedlich lang. Entwickelt die Sensibilität um den Zeitpunkt des Wasserfassens zu bestimmen indem ihr die Position der Welle erahnt. Das braucht Konzentration, Übung und geht nicht innerhalb von Stunden.
- Immer mit 2 Skulls rudern. Richtet euch sich lieber auf und wartet auf das Wellental um weiter zu rudern. Oder macht einfach halbe Schläge in Sitzposition.
- Habt Geduld. Ihr werdet bald ein Gefühl für den Rhytmus der Wellen bekommen, vielleicht sogar vor der Ausfahrt in der Lage zu sein, das Gewässer abzuschätzen etwa…. 100 cm Wellen alle 5 Sekunden von Backbord. Das hilft.