“Hilfe mein Coastal Skiff hat Risse auf der Bootshaut”
Coastal Boote und ein abgeplatzter Gelcoat – Ein allseits bekanntes Problem. Vor ein paar Monaten hatten wir hierzu ein Erlebnis mit einem Kunden, das unsere Aufmerksamkeit erregte. Er wandte sich an uns, weil sein Boot voller Haarrisse war. Der Gelcoat/Topcoat war rissig, an vielen Stellen blätterte er sogar ab. Wir sahen uns den Schaden an und waren völlig überrascht. Wir hatten noch nie Gelcoat-Schäden in diesem Ausmaß gesehen. Coastal Boote und ein abgeplatzter Gelcoat / Topcoat – Das kannten wir bisher eigentlich nur von sehr vereinzelten Fällen. (Lesen Sie: Was ist ein Gelcoat?)
Einzelfall oder größeres Problem?
Nach einigen Nachforschungen fanden wir heraus: Es sind mehr als nur Einzelfälle. Einige weitere Bootsbesitzer waren sehr überrascht, bei der Reinigung ihres Bootes Gelcoat-Risse zu finden. Manchmal sogar solche, die bereits abgeplatzt waren. An anderen Stellen wurde uns über kleine Haarrisse, also feine, fast unsichtbare Risse, berichtet. Wie kann so etwas passieren? Das ist ärgerlich, vor allem, wenn das Boot erst ein paar Monate alt ist. Egal, ob Haarrisse oder Spinnenrisse – das sollte doch eigentlich nicht passieren?
Heute wollen wir über die Ursachen für dieses Phänomen sprechen. Über Risse, deren Ursachen bereits im Produktionsprozess liegen können.
Gründe für Spinnen- oder Haarrisse
Wir kennen keinen Lieferanten, der absichtlich schlechte Boote produziert. Alle uns bekannten Unternehmen arbeiten vernünftig, mit gut ausgebildeten Personal und sind professionell. Sie sind bestrebt, gute Qualität zu liefern. Trotzdem kommt es vor, dass die Realität des Bootes nicht dem entspricht, was in der Hochglanzbroschüre steht.
Schlechte Produktion
Risse im Gelcoat können bereits während des Produktionsprozesses des Bootes ihre Ursache haben. Die Haarrisse entstehen an Stellen, an denen starke Kräfte aufgenommen werden müssen. Stellt euch vor, wie eure Stemmbrettschienen montiert werden. Mit einem Akkuschrauber wird die Schiene auf das beschichtete Laminat geschraubt. Zu viel Drehmoment und der Gelcoat platzt auf, zu wenig und die Schiene ist zu locker. Es gehört viel Fingerspitzengefühl und Erfahrung dazu, den Druck des Schraubendrehers genau zu berechnen, damit keine Risse entstehen. Beim Bohren von Löchern für Einsätze oder Schrauben kommt es daher oft zu Haarrissen. Der Druck „zersplittert“ den spröden Gelcoat. Auch wenn sie leicht überstrichen werden, kommen sie nach einiger Zeit wieder zum Vorschein. Wir haben hier für euch mal die verschiedenen Produktionsfehler einzeln aufgelistet.
Fehler beim Auftragen des Gelcoats
Ein schlecht gemischter oder schlecht aufgetragener Gelcoat ist ein weiteres Problem. Haarrisse zeigen sich auch auf der Oberfläche, wenn das Laminat zu dünn ist. Die Struktur des Bootes arbeitet sehr viel, wenn wir durch die Wellen rudern. Unser Boot ist vielen unterschiedlichen Kräften ausgeliefert und die Haarrisse entstehen oft an Stellen, an denen starke Kräfte aufgenommen werden müssen. Wenn die Struktur oder das Laminat zu schwach dimensioniert sind, bewegt sich der Gelcoat unter Belastung irgendwann nicht mehr und platzt auf.
Zu dicker Gelcoat
Auch in diese Kategorie zählt zu den Produktionsfehlern. Gelcoats werden normalerweise in einer Dicke von 1 bis 1,5 mm aufgetragen. Je dicker der Gelcoat ist, desto spröder ist es und desto mehr weicht seine Bruchdehnung im Vergleich zum Laminat ab. Wenn das Laminat zu schwach oder zu dünn und der Gelcoat zu dick ist, sind Haarrisse unvermeidlich. Auch das Vermischen des Gelcoats kann zu Fehlern führen. Das Auftragen eines Gelcoats mit einem Katalysator ist ein chemischer Prozess. Wenn der Katalysator nicht richtig eingemischt wird, vielleicht sogar zu hoch dosiert wird, kann er nach dem Aushärten zu Rissen führen.
Coastal Boote und abgeplatzter Gelcoat – durch unzureichend vorbereitete Oberfläche
Wenn die Oberfläche des Laminats vor dem Auftragen des Gelcoats nicht richtig vorbereitet wird, kann dies zu einer schwachen Verbindung zwischen Gelcoat und Substrat führen, was Risse zur Folge hat. Stellt euch vor, die Produktion ist spät dran und versucht, Zeit zu gewinnen, indem sie den Schleifprozess verkürzt und den Schleifstaub nicht reinigt oder die Reinigung vernachlässigt. Der Gelcoat wird dann nur kurzfristig halten und haften. Nach einiger Zeit, meist wenn das Boot beim Kunden ist, wird der Gelcoat dann splittern, einreißen oder Blasen werfen.
Nota bene: Der Gelcoat ist generell spröder und anfälliger als das darunter liegende Laminat. Das Problem verschärft sich mit der Zeit: Zum einen härtet der Gelcoat aus und wird immer spröder, zum anderen kann das Laminat durch häufige Wechselbelastungen im Laufe der Jahre weich werden und sich noch stärker verbiegen.
Übermäßige Belastungen und Stöße während der Montage, des Transports oder dem Verladen
Während des Transports sind alle Boote einer großen Belastung ausgesetzt. Ob auf einem Anhänger, in einem Container oder auf dem Autodach. Das beginnt schon beim innerbetrieblichen Transport. Ganz allgemein: Ein falscher Transport kann eine übermäßige Belastung des Laminats verursachen, was wiederum zu Rissen im Gelcoat führen kann. Diese Belastung kann insbesondere bei Bootslaminaten mit einer hohen Anzahl von Glasfaserschichten auftreten, da sich die Schichten voneinander lösen können und der Gelcoat aufgrund der erhöhten Belastung Risse bekommt. Außerdem kann eine unsachgemäße Behandlung während des Transports, wie z. B. ein Fallenlassen oder Anstoßen der Boote, dazu führen, dass der Gelcoat durch den Aufprall Risse bekommt.
Was sollte ich tun?
Schaut euch die Form und das Auftreten der Risse genauer an. Diese können an unterschiedlichen Stellen sein: Trageplanken, Sitzschienen, Luken, Sicherheitsnetze für Flaschenhalter, lokalisiert den Riss und stellt fest, ob Teile wie Schrauben oder Muttern verloren gegangen oder lose sind. Für Haarrisse muss man nicht gleich in die Werkstatt gehen, ich würde dennoch ein Foto machen und einem Experten, wie eurem Bootshändler, zeigen. Er wird seinen fachkundigen Kommentar abgeben.
Sobald ihr den Kommentar habt, können ihr überlegen, ob es Sinn macht, mit dem Bootshersteller zu sprechen. Wenn es sich um einen Herstellerschaden handelt, sind fast alle Bootshersteller auf eurer Seite und werden die nötigen Maßnahmen ergreifen. Uns ist nur ein Fall bekannt, in dem der Bootseigner mit dem Vorschlag des Herstellers nicht zufrieden war.