Wenn ihr auf dem Wasser seid und etwa 50 % deiner Strecke zurückgelegt habt, wisst ihr genau, was in 15–20 Schlägen passiert – Ermüdung durch Übersäuerung. Ihr werdet müde und euer Körper sucht nach Kraft. Zwar werden alle euere Mitstreiter auch müde – aber das interessiert erstmal nicht. Ihr müsst einfach sehen, dass ihr 10 Schläge später müde werdet als euer Gegner. Ein Beitrag unserer Partnerwebsite Rowperfect.
Ermüdung durch Übersäuerung – Die Gründe
Seid ihr euch bewusst, was in euerem Körper passiert? Warum ihr müde werdet und einbrecht? Sport-Wissenschaftler definieren Ermüdung wie folgt: „Als Ermüdungsfaktoren … werden allgemein Prozesse bezeichnet, die zu einer reversiblen Einschränkung der Leistungsfähigkeit in den Bereichen Kraft, Ausdauer, Koordination und psychischer Leistungsbereitschaft führen. Diese Bereiche lassen sich nicht isoliert betrachten, sondern wirken mehr oder weniger synergistisch.“
Eine Ermüdung im Ausdauerbereich führt auch zu einer Abnahme des Krafteinsatzes (Kraftausdauer). Dies geht in der Regel auch mit negativen Auswirkungen auf den Bewegungsablauf einher, die Bewegungseffizienz sinkt ab und beschleunigt die Ermüdung im Kraftausdauerbereich. Passt auf, dass ihr nicht unsauber werdet. Gerade bei Wellengang sollte man hier vorsichtig sein. Wir sind uns also bewusst, wie kritisch diese Phase ist: Verlässt uns die Kraft, kann es zur mangelnden Koordination – heißt unsauberen Rudern führen.
Ermüdung durch Übersäuerung – Die Motivation nimmt ab
Eure Motivation geht den Bach runter? Ermüdungserscheinungen wirken auch auf unsere Motivation: Wenn eure Gegner vorbeiziehen – wie fühlt sich das an? Wie toll ist es, wenn ihr den Druckspurt des Gegners abwehrt? Nun merkt ihr, wie hart ihr trainiert habt.
Entscheidungen im Rudersport fallen oft nach 1000 m oder nach 1600–1700 m, beim Beach Sprint auf den letzten Metern. „Wer hat jetzt noch die notwendigen Körner?“, lautet dann oft der etwas triviale Kommentar des Moderators. Er sollte mal besser fragen: „Wessen Körper produziert am meisten Laktat, und wessen Körper toleriert diese Übersäuerung in den Beinen am besten?“ Denn im Finish erhöhen die Ruderer die Belastungsintensität derart, dass die arbeitende Muskulatur nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden kann.
Die Folge: Sauerstoffmangel der Muskulatur. Das Stoffwechselzwischenprodukt „Laktat“ häuft sich erst in der Arbeitsmuskulatur, dann im Körper an. Ab jetzt wird nicht mehr genug versorgt. Der Sauerstoff im Körper reicht nicht mehr aus, um den Energiebedarf der Muskeln zu decken. Der Körper schaltet auf den anaeroben Stoffwechsel (kein Sauerstoff wird im Muskel benötigt) um. Nach einer gewissen Zeit der Belastung wird mehr Laktat erzeugt, als der Körper abbauen kann und die Muskulatur übersäuert. Passiert das, werden die Muskeln müde und die Leistungsfähigkeit sinkt. Wann genau dieser Punkt erreicht ist, das ist bei jedem individuell.
Soweit so gut zur Ermüdung durch Übersäuerung – nicht zu verwechseln ist diese Muskelübersäuerung mit der klassischen Ermüdung. „Wenn am Ende eines Marathonlaufes die Beine brennen, hat das nichts mit Übersäuerung zu tun. Hier liegt schlicht eine muskuläre Ermüdung vor“, erklärt Dr. Florian Porzig, Mannschaftsarzt der erfolgreichen Nordischen Kombinierer. Wir kennen dies im Rudersport bestens. Während des Endspurts. Was aber steckt dahinter?
Muskelermüdung entsteht nicht nur durch Laktatbildung
Es stimmt zwar: Wenn ein Muskel so stark beansprucht wird, gerät er irgendwann in Sauerstoff-Not und versorgt die Muskeln mit Glykogen und dabei entsteht Milchsäure. Der Muskel übersäuert also in der Tat. Sportphysiologin Christina Spengler: Da ist vieles noch nicht vollständig geklärt. Was man mit ziemlicher Sicherheit weiß, ist, dass Laktat nicht das Stoffwechselprodukt ist, welches für die Muskelermüdung verantwortlich ist. Vielmehr sind daran andere Stoffwechselprodukte und Elektrolyt-Verschiebungen in- und außerhalb der Muskelzellen beteiligt. Dänische Coaches sprechen sogar von einer gezielten Nutzung von Laktat zur Steigerung der Leistung.
Täuschung des Muskels?
Betrachten wir den Muskel nicht isoliert, müssen wir berücksichtigen, dass auch Prozesse im Hirn und zwischen Hirn und Muskel die Kontraktionskraft eines Muskels reduzieren können und zur wahrgenommenen «Muskelermüdung» beitragen. Neuere Befunde von Sportwissenschaftlern wiesen aber bereits laut SPIEGEL darauf hin, dass nicht die Unterversorgung der Muskeln die Müdigkeit auslöst. So haben die meisten Athleten beispielsweise auch nach einem Marathonlauf noch genügend Muskeltreibstoff für einen Endspurt in Reserve. Also nicht nur eine Ermüdung durch Übersäuerung.
Forscher haben mittlerweile einen Botenstoff des Immunsystems identifiziert, der dem Gehirn eine drohende Überanstrengung meldet. Das dann ausgelöste Gefühl der Erschöpfung vermindert die Leistungsfähigkeit und schützt die Muskeln vor Schäden, berichtet das Wissenschaftsmagazin „New Scientist“. Das Forscherteam um Paula Robson-Ansley von der University of Cape Town in Südafrika sagt, dass das Gehirn das lähmende Erschöpfungsgefühl erzeugt, um die Muskeln nicht bis an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit zu belasten. Eine Art Schutzfunktion: Der Körper werde so vor Schäden geschützt, in dem ein Botenstoff namens Interleukin-6 abgesondert wird.
Eine ähnliche Untersuchung der kanadischen Universität in Calgary, kommt zu dem Schluss, dass sich Botenstoffe bilden (Phosphate), die eine Ermüdung erzeugen. Das bedeutet im Wesentlichen, dass das gesendete elektrische Signal des Gehirns, aufgrund Veränderungen an den neuromuskulären Verbindungspunkten, keine starken Kontraktionen im Muskel hervorrufen konnte. Der Muskel wird getäuscht.
Ermüdung durch Übersäuerung ist nicht alles
Wie ihr sehen konntet, gibt es verschiedenste Gründe, wie der Körper beim Rudern ermüden kann. Man sollte außerdem festhalten, dass man gerade an der Küste versuchen sollte, einen starken Ermüdungszustand zu vermeiden. Die fehlende Konzentration kann hier nicht nur dazu führen, dass man mehr Krebse schlägt, sondern durchaus auch schwerwiegendere Folgen haben. Gerade wenn ihr im Einer allein unterwegs seid, solltet ihr es an der Küste nicht zu stark übertreiben und eure Kraftausdauer kennen, um immer noch etwas im „Reservetank“ zu haben, falls der Wind auffrischt oder die Wellen zunehmen.